Dank einem Darlehen zur Genossenschaftswohnung
Wer in eine Genossenschaftswohnung einziehen möchte, muss oft zuerst Anteilscheine erwerben – für manche Haushalte ist das finanziell nicht möglich. Die Stiftung Wohnraum Basel schafft hier Abhilfe. Mit einem Fonds finanziert sie Darlehen für den Kauf der Anteilscheine. Das ist ein Novum in der Schweiz. Sarah Righetti, Geschäftsleiterin der Stiftung, erklärt im Interview, wie das Angebot funktioniert.
Was bezweckt euer Genossenschaftsanteilfonds?
Der Kauf von Anteilscheinen stellt für finanzschwache Haushalte vor allem bei neuen Genossenschaftswohnungen eine finanzielle Hürde dar. Der Zweck des Fonds ist, diesen Menschen den Einstieg in das genossenschaftliche Leben zu erleichtern. Sie können bei uns relativ unkompliziert ein Darlehen zur Finanzierung der Anteilscheine beziehen.
Was sind die Anforderungen, um ein solches Darlehen zu erhalten?
Das Darlehen richtet sich an Menschen, die Gelder der Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen oder Prämienverbilligungen erhalten. Der Wohnsitz muss in Basel-Stadt liegen. Und ein Darlehen ist nur möglich, wenn jemand neu in eine Genossenschaft einzieht. Für bestehende Mietverhältnisse vergeben wir keine Darlehen. Zuletzt prüfen wir auch bei jedem Antrag, ob die Miete in einem ausgewogenen Verhältnis zum Einkommen steht.
Wie gehe ich vor, wenn ich ein Darlehen beantragen möchte?
Zuerst füllt man das Antragsformular aus, das auf unserer Website zu finden ist, und reicht es bei der Stiftung Edith Maryon ein. Diese übernimmt für uns die operative Verwaltung des Fonds und prüft den Antrag. Ist dieser genehmigt, schliesst die betreffende Person einen Vertrag mit uns ab. Abschliessend zahlen wir das Darlehen für die Anteilscheine direkt an die Genossenschaft. Diese unterschreibt eine Vereinbarung, dass sie das Geld beim Auszug der Person direkt an uns zurückzahlen muss. Somit ist die Stiftung Besitzerin der Anteilscheine, das Stimmrecht innerhalb der Genossenschaft bleibt aber bei der Darlehensnehmerin oder dem Darlehensnehmer.
Kann die Genossenschaft beim Miet-Ende Forderungen gegenüber der ausscheidenden Mietpartei verrechnen?
In einer Genossenschaft gibt es normalerweise keine Mietkaution, sondern das Anteilscheinkapital dient als Sicherheit. Wenn die Mittel der Darlehensnehmenden dies zulassen, sind diese verpflichtet, den Preis der Anteilscheine bis zur Höhe der geforderten Sicherheitsleistung (gemäss Mietrecht maximal drei Monatszinse) selbst zu begleichen. In diesem Fall dienen der Genossenschaft die
Anteilscheine bis zu dieser Höhe als Sicherheitsleistung. Alle anderen Darlehensnehmenden sind verpflichtet, eine Kautionsbürgschaft oder -versicherung abzuschliessen. Beziehen die Darlehensnehmenden Sozialhilfe, so kann die Sozialhilfe die Kautionsbürgschaft oder -versicherung finanzieren.
Wie ist der Fonds entstanden?
Der Fonds geht auf die Verfassungsinitiative «Recht auf Wohnen» zurück, welche die Basler Stimmbevölkerung 2018 angenommen hat. Daraufhin hat der Kanton verschiedene Massnahmen ergriffen – und unter anderem die Stiftung für preisgünstigen Wohnraum Basel-Stadt (Wohnraum Basel) ins Leben gerufen. Als weitere Massnahme hat er einen Fonds von 1.8 Millionen Franken eröffnet, um die finanziellen Hürden beim Eintritt in eine Genossenschaft abzubauen und so die Durchmischung zu verbessern. Im September 2024 haben wir den Fonds gestartet, der erste Antrag kam von der Basler Wohngenossenschaft.
Wie wird euer Angebot bisher genutzt?
Wir haben gleich zu Beginn viele Anträge bekommen. Inzwischen haben wir dreizehn Darlehen ausgezahlt, also fast 150'000 Franken. Bisher waren die Anträge extrem divers – ein Student, Familien, ältere Menschen, aber auch eine Familie mit Schutzstatus S. Das war eine besonders schöne Geschichte.
Diese Geschichte würden wir gerne hören.
Es handelte sich um eine Familie aus der Ukraine. Aufgrund ihres Aufenthaltsstatus darf sie keine Anteilscheine kaufen. Damit sie aber trotzdem in die Genossenschaft einziehen konnte, sind wir als Stiftung in die Bresche gesprungen. Dank einer Klausel in unserem Fondsreglement können wir auch stellvertretend für Personen – unabhängig von deren finanziellen Situation – Anteilscheine kaufen.
Wie hoch sind die Darlehen, die ihr vergebt?
Die maximale Obergrenze für ein Darlehen liegt bei 50'000 Franken. Für uns war klar: Da im Moment viel neuer genossenschaftlicher Wohnraum entsteht, muss die Obergrenze relativ hoch sein. Und inzwischen haben wir tatsächlich schon zwei Darlehen für 50'000 Franken vergeben – an Genossenschaftswohnungen in Neubauten. Bei bestehenden Genossenschaften oder Bestandsgenossenschaften wie etwa der Gewona Nord-West oder der Genossenschaft Mietshäuser Syndikat sind es meist deutlich kleinere Beträge zwischen 2'000 und 8'000 Franken.