Als Wirtschaftsunternehmen muss auch eine Genossenschaft die Mietzinse gelegentlich anpassen.

Notwendige Mietzinsanpassungen

In meiner Beratungstätigkeit stelle ich immer wieder fest, dass einige Genossenschaften Mietzinse verlangen, welche die Kosten nicht decken. Eine generelle Mietzinserhöhung ist jedoch auch bei grösseren Investitionen im Bestand bei den Alt-Mitgliedern kaum möglich, da die Mietverhältnisse auf einem alten, nicht nachgeführten höheren Referenzzinssatz beruhen. Nach Mietrecht haben diese Mitglieder bei Anfechtung die Möglichkeit, die gesunkenen Referenzzinssätze verrechnungsweise der notwendigen Mietzinserhöhung entgegen zu stellen. Die Schlichtungsstellen gehen dabei manchmal streng nach Mietrecht/OR vor. Das kann Genossenschaften in grosse wirtschaftliche Probleme bringen.

Anfechtung der Anfangsmietzinse in Basel-Stadt

Die Problematik hat sich noch akzentuiert, seit in Basel-Stadt die Anfangsmietzinsen mit Formular angegeben werden müssen. Anfangsmietzinse sind anfechtbar bis 30 Tage nach Einzug. Dies ergibt unnötige Auseinandersetzungen.
Sind die Anfangsmietzinse klar unter der Orts- und Quartierüblichkeit, kann die Mietzinserhöhung bei Neumietern nicht nur mit Investitionen, sondern auch mit der Anpassungen an die Orts- und Quartierüblichkeit begründet werden (Begründung im Formular: «Anpassung an die Orts- und Quartierüblichkeit eventualiter wertvermehrende Investitionen»). Dies ist in Basel-Stadt relativ einfach, wenn der neue Nettomietzins 20% unter dem Basler Mietpreisraster liegt, vgl.: www.statistik.bs.ch.

In Baselland gibt es jedoch kein analoges Mietpreisraster, sodass die Genossenschaft zuerst nachweisen muss (mit 5 Vergleichsobjekten!), dass der verlangte neue Mietzins unter der Orts-und Quartierüblichkeit liegt.

Königsweg: Mietzinskontrolle über das BWO

Der Königsweg aus diesem Dilemma für Genossenschaften mit zu tiefen Mietzinsen, vor allem für Genossenschaften mit grösseren Sanierungen, welche notwendige Anpassungen der Mietzinsen vor sich haben, ist gemäss Art. 253 b Absatz 3 OR die Mietzinskontrolle über das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO). Voraussetzung ist, dass die Genossenschaft Bundeshilfe bezieht. Dies ist vor allem der Fall bei Hypotheken/Anleihenstranchen von der Emissionszentrale gemeinnütziger Wohnbauträger (EGW) oder beim Fonds de Roulement. Die Aufnahme von Hypotheken bei der EGW (www.egw-ccl.ch) ist ohnehin für die Grundfinanzierung für jede Genossenschaft dringend zu empfehlen. Dort können Kredite bis zu 20 Jahre für klar günstigere Konditionen aufgenommen werden (Aufnahme des Geldes auf dem Kapitalmarkt mit Bundesbürgschaften). Wir empfehlen daher solchen Genossenschaften Hypotheken über die EGW zu beschaffen oder bei Investitionen Anträge an den Fonds de Roulement zu stellen (1. Schritt).

Wenn dies erfolgt ist, so geht man von einer Bundeshilfe aus. In einem zweiten Schritt kann man dann eine Vereinbarung mit dem BWO unterzeichnen (Ausstieg aus Mietrecht/OR). Nach Unterzeichnung dieser Vereinbarung sind dann Mietzinserhöhungen, Anfangsmietzinse etc. nicht mehr über die Schlichtungsstelle nach Mietrecht/OR zu überprüfen, sondern das BWO prüft dann nur noch, ob in der Mietzinsfestsetzung der Grundsatz der Kostenmiete eingehalten wurde. Dies ist der eigentliche Königsweg und leider noch zu wenig bekannt.